1933 zerschlugen die Nationalsozialisten nach ihrer Machtergreifung die Organisationen der schwulen Bürgerrechtsbewegung der Weimarer Republik. 1935 wurde der Paragraph 175 RStGB in Tatbestandsfassung wie Strafmaß massiv verschärft und somit die Totalkriminalisierung von männlicher Homosexualität verordnet. 1936 wurde eine „Reichzentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ eingerichtet. In den Jahren 1935-1945 verurteilte die NS-Justiz über 50.000 Menschen wegen homosexueller Handlungen. Viele wurden nach Verbüßung der Strafhaft in „Schutzhaft“ genommen, das heißt in Konzentrationslager interniert. Zwischen 10.000 und 15.000 schwule Männer wurden in die Konzentrationslager verschleppt und viele dort ermordet. Eine genaue Zahl ist bis heute nicht ermittelt worden.
Die Bundesrepublik Deutschland hielt bis zu seiner ersten
Entschärfung 1969 durch die Beibehaltung des verschärften § 175 StGB an dieser nationalistischen Tradition fest. Homosexualität blieb weiterhin ein Straftatbestand. Damit wurde den überlebenden
schwulen NS-Opfern eine Entschädigung nach Bundesentschädigungsgesetz (BEG) verwehrt. Schwule KZ-Häftlinge konnten zwar theoretisch die geringeren Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen
Kriegsfolgengesetz (AKG) beantragen, doch das AKG hatte für Schwule kaum praktische Bedeutung. Angesichts des damaligen Verfolgungseifers gegenüber Schwulen – allein in den ersten 15 Jahren der
Bundesrepublik wurden über 100.000 Ermittlungsverfahren wegen § 175 eingeleitet - fürchteten ehemalige KZ-Opfer eine neue Strafverfolgung und damit erneuten Verlust ihrer bürgerlichen Existenz.
Die Verfolgung von lesbischen Frauen unter den Nationalsozialisten unterschied sich nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen strafrechtlichen Bewertung von weiblicher und männlicher
Homosexualität. Die Sanktionen gegen lesbische Frauen wurden in erster Linie durch die NS-Frauenideologie, die sich an der angeblichen natürlichen Bestimmung der Frau an Mutterschaft und
Hausfrauen-Ehe orientierte und nicht durch die NS-Homosexuellenpolitik bestimmt. Obwohl es im Nationalsozialismus keine systematische Verfolgung von Lesben gab, werden diese in der Aufschrift des
Mahnmals ausdrücklich erwähnt, weil auch ihre Lebensumstände und ihre Infrastruktur vom Nationalsozialismus betroffen waren.
40 Jahre lang wurde die Verfolgung der Homosexuellen im Nationalsozialismus in West- wie in Ostdeutschland totgeschwiegen. Erst Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat als erster hoher
Repräsentant der Bundesrepublik in seiner Rede zum 8. Mai 1985 bei seiner Auflistung der Opfergruppen auch den homosexuellen Opfer des NS-Terrors
gedacht.
1990: Im März des Jahres 1990 wurde, angeregt durch den Gründer und Sprecher des Arbeitskreises Jörg Lenk, im Arbeitskreis Lesben und Schwule (ehem. AK
Homosexualität) der ÖTV Köln die Initiative zur Errichtung eines Mahnmales zum Gedenken der Homosexuellenverfolgung durch die Nationalsozialisten geboren. Der Anlass für seine Idee war die für 1991
vom AK Schwule Geschichte Kölns geplante und dann auch durchgeführte Ausstellung unter dem Titel „Verführte Männer“, die sich mit dem Leben der Homosexuellen in Köln zwischen 1930 und 1950 befasste.
Der Initiator Jörg Lenk blieb bis zur Aufstellung des Gedenksteines der hauptverantwortliche Ansprechpartner und die treibende Kraft für dieses Projekt. Noch im selben Jahr beschloss die Gewerkschaft
ÖTV Köln die Initiative ihres Arbeitskreises anzunehmen und aktiv zu unterstützen. Um die Unterstützung dieser Initiative möglichst breit zu streuen erfolgte angeregt durch die ÖTV ebenfalls noch
1990 ein Unterstützungsbeschluss des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Kreis Köln. Der DGB stellte noch im Dezember 1990 einen Antrag an den Oberbürgermeister (OB) Kölns ein Mahnmal für die schwulen
und lesbischen Opfer einzurichten. Auf Initiative der Jungsozialisten (Jusos) stellt noch im selben Monat die SPD einen entsprechenden Antrag an den Rat der Stadt
Köln.
1991:
Nach einer Stellungnahme des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln wurde die anfängliche
Idee des OB die Tafel an der Kölner Messe in Köln-Deutz, zum Gedenken an die Deportation der Juden, Sinti und Roma, zu erweitern, fallen gelassen. Die Deportation von Homosexuellen sei nicht mit der
an dieser Stelle gedachten Massendeportation vergleichbar. Im Mai 1991 gab es eine Pressekonferenz zur Vorstellung des Mahnmalprojektes durch die Unterstützerorganisationen: > Kölner Jungendring
e.V., Verein zu Erforschung der Geschichte der Schwulen in Köln, Kulturpädagogische Kooperative, AIDS-Hilfe Köln, Schwulenverband in Deutschland, lesbian and gay liberation front, lglf e.V. Köln,
Kölner Friedensform, Bundesverband Homosexualität, BezirksschülerInnenvertretung, Arbeitskreis Sozialdemokratischer Frauen, Jusos, DGB-Jugend, Schwulen und Lesbenzentrum
Köln
1992:
Im März 1992 wurde das Thema erstmals in der Faktionsvorsitzendenbesprechung des Rates der
Stadt Köln besprochen und positiv beschieden. Die dort anfänglichen Zweifel an der Verfolgung von Lesben konnten durch das NS-Dokumentationszentrum ausgeräumt werden. Im Juni 1992 begann die
Spendensammelaktion für das Mahnmal. Im September 92 fassten die Fraktionsvorsitzenden einen erneuten Beschluss. Die Worte „schwul und lesbisch“ in der Aufschrift sollten durch „Homosexuell“ ersetzt
werden. Auf Initiative der Fraktion der GRÜNEN wird der Beschluss umgeändert und die Formulierung den Initiatorinnen und Initiatoren
überlassen.
1993:
Am 21.06.1993 erfolgte eine beschränkte Ausschreibung unter 25 von dem Kulturamt der Stadt Köln
vorgeschlagenen Künstlerinnen und Künstlern. Nach anfänglichem grundsätzlichem Widerstand durch den Landschaftsarchitekten des Rheingartens Herrn Dipl.-Ing. Georg Penker, legt dieser im September
1993 den genauen Aufstellungsort fest. Im November 1993 musste deshalb das Mahnmal erneut ausgeschrieben werden, da die Künstler und Künstlerinnen teilweise von anderen örtlichen Voraussetzungen
ausgegangen waren.
1994:
Zum Abgabetermin im Februar 1994 gingen 11 Entwürfe ein. Am 16.04.94 erfolge die Auswahl durch
eine unabhängige Fachjury, der sich drei Tage später der Arbeitskreis Lesben und Schwule in der ÖTV anschloss. Vom 14. Juni bis 15. Juli wurden die elf eingereichten Exemplare in einer Ausstellung im
Forum der Volkshochschule Köln präsentiert. Noch im Juli 1994 gibt der Kunstbeirat der Stadt Köln eine negative Stellungnahme zum ausgewählten Entwurf ab. Die Beiratsmitglieder fanden an dem
ausgewählten Model keinen Gefallen, besonders nicht für den prominenten Aufstellungsort. Im August 94 erfolgen die zwei notwendigen positiven Beschlüsse der Bezirksvertretung Innenstadt, gegen die
Stimmen der CDU, und des Ausschusses für Stadtentwicklung über die Aufstellung und den Ort des Mahnmals.
1995:
Der Endstand der Spendensammlung im Juni 95 beträgt 30.900,00 DM (15.798,92 €). Das
Spezialfahrzeug für Aufstellung des Mahnmal im Juni 95 wird durch die Firma Colonia gesponsert und das Betonfundament durch das Straßenbauamt erstellt. Die Kosten für die mit der Aufstellung
beauftragte Steinmetzfirma werden nur teilweise von der Stadt Köln übernommen. Der Steinmetz der Dombauhütte hatte seine anfängliche Zusage zurückgenommen. Im Juni 1995 wurde das Mahnmal im Rahmen
einer Feier eingeweiht.
Als Standort wurde der von Kölnern und Touristen stark frequentierte Bereich des Rheingartens/Frankenwerft direkt an der Hohenzollernbrücke gewählt, mit dem Museum Ludwig und dem Kölner Dom im Hintergrund.
Der Aufstellungsort ist nicht ohne historischen Bezug gewählt. Die Rheingegend an der Hohenzollernbrücke war schon lange ein beliebter Treffpunkt für homosexuelle Männer, der die Möglichkeit für anonyme Kontakte bot, ohne sich dem Risiko auszusetzen, im bürgerlichen Leben als Schwuler bekannt zu werden. An der Hohenzollernbrücke stand bis zu seiner Zerstörung im zweiten Weltkrieg ein seit der Jahrhundertwende bei schwulen Männern als Treffpunkt genutztes Pissoir. In den Nachkriegsjahren wurden die kriegszerstörten Treppentürme der Hohenzollernbrücke von den Schwulen zum Treffpunkt umfunktioniert.
Die Feierlichkeit zur Aufstellung am 24. Juni 1995 wurde sowohl als Beitrag der Gewerkschaft ÖTV zum 50. Jahrestag der Befreiung Deutschlands von der NS-Terrorherrschaft als auch im Rahmen der schwul-lesbischen Veranstaltungen zum Christopher Street Day (CSD) dem heutigen Cologne Pride begangen.
Es sprachen: Michael Schmidt (AK Lesben und Schwule in der ÖTV Köln), Ulla Derwein
(Geschäftsführender Hauptvorstand der ÖTV), Norbert Burger (Oberbürgermeister der Stadt Köln), Brigitte Maser (Vorstand Kölner Lesben- und Schwulentag), Martin Sölle (Vorstand Centrum Schwule
Geschichte Köln), Volker Beck (Mitglied des deutschen Bundestages, MdB). Die Rede des Oberbürgermeisters Norbert Burger war sein erster offizieller Auftritt überhaupt im Rahmen eines
CSD.
Das Rahmenprogramm gestalteten der gemischte Kölner Damenchor „Rheintöchter“ der Kölner schwule
Männerchor „Zauberflöten“ und der „FCKG – Formals Chor Kölner GewerkschafterInnen)“.
In den ZDF-Nachrichtensendungen "heute" und "heute journal" desselben Tages gab es Filmbeiträge über die Aufstellung ebenso wie Berichte und Interviews in diversen Radiosendungen. Dazu folgten
Berichte bundesweit in verschiedenen Tageszeitungen, der Gewerkschaftspresse sowie in Schwulen- bzw. Lesbenmedien im In- und
Ausland.
Limpricht/Müller/Oxenius: Verführte Männer – Das Leben der Kölner
Homosexuellen im Dritten Reich. Köln 1991.
Centrum Schwule Geschichte Köln (Hrsg.): „Das sind Volksfeinde“ – Die Verfolgung von
Homosexuellen an Rhein und Ruhr 1933-45. Köln 1998.
Jürgen Müller: Ausgrenzung der Homosexuellen aus der „Volksgemeinschaft“ – Die Verfolgung von
Homosexuellen in Köln 1933–1945. Köln 2003.
Claudia Schoppmann: Verbotene Verhältnisse – Frauenliebe 1938–1945. Berlin
1999.
Jellonek/Lautmann: Nationalsozialistischer Terror gegen Homosexuelle – Verdrängt und ungesühnt.
Paderborn 2002.
Pierre Seel: Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen. Köln
1996.
Stümke-Winkler: Rosa Winkel, Rosa Listen. Hamburg
1981.
Frank Sparing: “Wegen Vergehen nach § 175 verhaftet“ – Die Verfolgung der Düsseldorfer
Homosexuellen. Düsseldorf 1997.